2022-03-25

Aufforderung an die Landesregierung, die Situation aller Afghan*innen durch die Ausschöpfung aller Möglichkeiten zu verbessern.

Eine Person hält auf einer Demonstration ein Schild hoch, auf dem "Stop War, Stop Putin" steht.

Beschlossen von der Landesmitgliederversammlung der GRÜNEN JUGEND Thüringen vom 06. – 07. 11. 2021 in Hütten

Aufforderung an die Landesregierung, die Situation aller Afghan*innen durch die Ausschöpfung aller Möglichkeiten zu verbessern.

Deutschland darf sich nicht aus der Verantwortung ziehen!
Die Menschen aus Afghanistan sind verzweifelt. Sie und ihre Familien wurden im Stich gelassen. Mit der Machtübernahme der Taliban in allen Teilen des Landes, ist jede Hoffnung an einen Wiederaufbau des Landes, in dem Frauen, queere Menschen, Menschenrechtler*innen, Wissenschaftler*innen und die gesamte Zivilbevölkerung in Frieden leben können, zerschlagen worden. Mit dem plötzlichen Rückzug der ausländischen Soldat*innen und der Einstellung von Evakuierungsflügen, wurden alle Schutzsuchenden im Stich gelassen!


Deutschland steht mit in der Verantwortung, den Menschen aus Afghanistan Hilfe zu leisten, indem sie aufgenommen werden! Zum einen wegen des Abzugs der Bundeswehr und zum anderen, als reiches Land, das die Möglichkeit hat schutzsuchende Menschen aufzunehmen und dies allein deswegen tun sollte, anstatt auf eine europäische Lösung oder Selbstauflösung des Konflikts vor Ort zu hoffen.

Thüringen kann und hat zu handeln!
Zudem ist die Situation für Afghan*innen in Thüringen oftmals schwierig. Nicht nur, weil sie oftmals keine Möglichkeit haben ihren Angehörigen in der Heimat zu helfen, sondern auch durch ihren eigenen unsicheren Aufenthaltsstatus und den damit verbundenen Bedingungen. Trotz der Situation in Afghanistan seit vielen Jahren haben einige Afghan*innen in Deutschland nur eine Duldung für wenige Monate oder lediglich ein Abschiebeverbot. Ihnen wird so der Zugang zum Arbeitsmarkt, ein Anspruch auf Sprachkurse und die Wahrnehmung weiterer Angebote verwehrt. Zusätzlich stellen unsichere Aufenthaltsstatus eine große psychische Belastung dar, die durch Angst, Perspektivlosigkeit und Repressionen geprägt ist. Den Afghan*innen in Thüringen muss ein sicherer Schutzstatus zugesprochen werden. Dies obliegt meistens dem BAMF, sodass einige Entscheidungen nicht auf Landesebene getroffen werden können. Deshalb fordern wir, zumindest die Möglichkeiten, die in Thüringen bestehen, maximal auszuschöpfen!

Wir fordern:
Wir fordern, dass die Thüringer Landesregierung sich den aufgezeigten Handlungsmöglichkeiten durch den Flüchtlingsrat Thüringen annimmt und diese umsetzt. Im Konkreten stellen wir entsprechend den Erläuterungen durch den Flüchtlingsrat folgende Forderungen:

1. Aufnahmeprogramme
• Einsatz auf Bundesebene für die Einrichtung eines Bundesaufnahmeprogramms, insbesondere für gefährdete Verteidiger*innen von Demokratie und Menschenrechten aus Afghanistan.
• Klage gegen das Bundesinnenministerium gegen die Ablehnung des Thüringer Landesaufnahmeprogramms, da eine vermeintliche Gefährdung der Bundeseinheitlichkeit nicht nachvollziehbar dargelegt ist, humanitäre Hilfe des Landes Thüringen verweigert wird und der Ländergestaltungsspielraum unzulässig eingeschränkt wird. Dies fordern wir im Übrigen unabhängig von der neuen Besetzung der Bundesministerien durch die neue Regierung. Sollte sich auf Bundesebene kein Aufnahmeprogramm durchsetzen, fordern wir Thüringen auf zu klagen!
• Schnellstmögliche Neuauflage eines Thüringer Landesaufnahmeprogramms für Familienangehörige von Afghan*innen. Dabei sollte auf finanzielle Verpflichtungserklärungen als allgemeine Einreisevoraussetzung verzichtet werden. Es darf kein Ausschlussgrund sein, wenn es in Deutschland keine Person gibt, die sich für die kommenden 5 Jahre zur Übernahme aller Lebenshaltungskosten zur Verfügung stellt. Es sollte keine Zahlenbegrenzung bei der Aufnahme der Schutzsuchenden geben.

2. Familiennachzug
• Neben dem Landesaufnahmeprogramm sollte der Familiennachzug zu Personen, die über eine Aufenthaltserlaubnis nach §§ 22, 23 Abs. 1 oder Abs. 2 oder § 25 Abs. 3 oder Abs. 4a Satz 1, § 25a Abs. 1 oder § 25b Abs. 1 AufenthG verfügen, ermöglicht werden. Mit diesen Aufenthaltserlaubnissen ist ein Familiennachzug nur aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen Deutschlands möglich.
• Um den gemeinsamen Familiennachzug sowohl der Eltern als auch der Geschwister eines minderjährigen unbegleiteten Flüchtlings (§ 36 und § 36a AufenthG) zu ermöglichen, sollte auch für die Geschwister von der Sicherung der Lebensunterhaltes und dem Erfordernis entsprechendem Wohnraumes regelmäßig als Voraussetzung abgesehen werden (analog Berliner Anwendungshinweise).
• Per Erlass sollten die Möglichkeiten des Nachzugs von Familienangehörigen aufgrund einer außergewöhnlichen Härte nach § 36 AufenthG, wovon in der aktuelle Situation in Afghanistan auszugehen ist, großzügig genutzt werden.

3. Ortskräfte
• Allen Personen, die mit einem Visa bzw. einem Ausnahmevisa im Rahmen der Evakuierungen eingereist sind, sollte zügig eine Aufenthaltserlaubnis nach § 22 Satz 2 AufenthG erteilt werden (siehe auch Erlass von Schleswig – Holstein vom 12.10.2021). Unabhängig davon besteht für die Personen die Möglichkeit einen Asylantrag zu stellen.
• Im Falle eines Asylantrages sollte der Wohnort in der Kommune weiter bestehen bleiben und kein Aufenthalt in der Thüringer Erstaufnahmeeinrichtung sowie keine Neuverteilung bzw. Zuweisung in einen neuen Wohnort erfolgen.

4. Aufenthaltsrechtliche Situation von Afghan*innen in Thüringen verbessern
• Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 23 Abs. 1 AufenthG für alle Afghan*innen mit unsicheren Aufenthaltsstatus in Thüringen aufgrund humanitärer Gründe durch das Thüringer Migrationsministerium.
• Erlass zu § 25 Abs. 5 AufenthG: weder ist eine Abschiebung möglich noch eine freiwillige Ausreise für Afghan*innen absehbar zumutbar. Damit sollte die Erteilung von entsprechenden Aufenthaltserlaubnissen für Afghan*innen mit Duldung ermöglicht werden. Vorrangig sollten die Ausländerbehörden auf die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 a und b AufenthG, insbesondere durch die großzügige Anwendung des Thüringer Erlasses vom 07.06.2019, hinwirken.
• Erlass zu § 51 AufenthG mit Blick auf einen Asylfolgeantrag trotz bestehendem Abschiebeverbot analog der Berliner Regelung: „Der Erlöschenstatbestand wird nur durch die Stellung eines Asylantrags ausgelöst und greift nicht bei der Stellung eines Folgeantrags, unabhängig davon, ob der Folgeantrag in ein weiteres Asylverfahren mündet.“ (VAB Berlin A51.1.8)
• Es sollte ein ausnahmsloser Abschiebestopp nach Afghanistan ausgesprochen werden.
• Verlängerung des Zeitraums von Duldungen: da zumutbare Ausreisen noch Abschiebungen aufgrund der Sicherheitslage unabsehbar sind, sollten Duldungen für einen deutlich längeren Zeitraum als der üblichen 1-3 Monate erteilt werden, sondern zunächst für 12 Monate (siehe auch Erlass von Schleswig – Holstein vom 12.10.2021).
• Unzumutbarkeit der Passbeschaffung/ Ausstellung von Reiseausweisen: afghanische Pässe und Identitätsdokumente können derzeit und absehbar nicht beschafft werden. Eine Vorsprache bei den afghanischen Auslandsvertretungen in Deutschland ist unabhängig des Aufenthaltsstatus unzumutbar. Auch in Afghanistan sind diese Dokumente nicht beschaffbar, da Verwandte von Geflüchteten sich in Lebensgefahr bringen würden. Alle Afghan*innen in Deutschland sollten Reisedokumente ausgestellt werden, da faktisch und rechtlich die Mitwirkungspflicht zur Dokumentenbeschaffung absehbar nicht zumutbar ist.
• Einsatz auf Bundesebene, dass afghanische Geflüchtete umgehend zu den Integrationskursen aufgrund einer geänderten Bleibeperspektive zugelassen werden.

• Im Falle eines Asylantrages sollte der Wohnort in der Kommune weiter bestehen bleiben und kein Aufenthalt in der Thüringer Erstaufnahmeeinrichtung sowie keine Neuverteilung bzw. Zuweisung in einen neuen Wohnort erfolgen.

Quellen:

Afghanistan: Handlungsoptionen für die Landesregierung | Flüchtlingsrat Thüringen (fluechtlingsrat-thr.de)

Leichte Sprache


In Afghanistan ist eine Terrorgruppe an der Macht.

Diese Gruppe will nicht, dass Menschen verschieden sind und zum Beispiel eine Demokratie wollen, sodass alle Menschen gleiche Rechte haben.

Bis vor Kurzem waren dort deutsche Soldat*innen, die den Menschen vor Ort und dem Land helfen wollten.

Das hat leider nicht gut funktioniert, sodass das Leben für die Menschen dort jetzt sehr schwer ist.

Wir möchten, dass mehr Menschen aus Afghanistan nach Deutschland kommen können.

Hier ist Frieden, hier haben sie Schutz, das sollten alle Menschen haben dürfen!

Außerdem gibt es viele Menschen aus Afghanistan, die schon lange hier in Thüringen leben.

Sie haben oft aber keine gute rechtliche Situation.

Sie dürfen zum Beispiel nicht immer arbeiten gehen.

Viele wissen nicht, wie lange sie noch hier bleiben dürfen, obwohl sie auch nicht nach Afghanistan zurück gehen können.

Dort wäre ihr Leben gefährdet.

Wir möchten, dass sie hier ein besseres Leben haben.

Dass sie lange hier bleiben dürfen und, dass auch ihre Familien kommen dürfen, die noch in Afghanistan sind.



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